Lauberhorn-Abfahrt in Badehosen

Kolumne Januar 2019

Ich greife nach meiner Wasserflasche und nehme einen ordentlichen Schluck. Ein Schweisstropfen kullert meinen Rücken hinunter und beim Versuch diesen Text einzutippen, bleiben meine Finger fast auf der Tastatur kleben. So schaue ich kurzerhand auf mein Handy: 34 Grad, die sich in meiner kleinen Sauna jedoch eher wie 40 anfühlen. Die hitzigen Temperaturen des Januars werden mir definitiv in Erinnerung bleiben. Denn nicht nur der erste Monat des neuen Jahres ist schon bald wieder zu Ende, sondern auch meine zwei Monate langen Sommerferien. So ungewöhnlich dies für einen Kantischüler auch klingen mag, freue ich mich durchaus, nächste Woche wieder zur Schule zu gehen.

​Das Jahr 2019 begann für mich im Stadtzentrum von Nelson. Dort fand ein Konzert mit Feuerwerk statt, um das neue Jahr zu begrüssen. Das Spezielle daran war, dass ich zuvor noch nie so früh ins neue Jahr gerutscht war. Was meine ich damit? Neuseeland liegt direkt an der internationalen Datumsgrenze und gehört zu den Ländern, in welchen der neue Tag jeweils am frühesten beginnt. Anders ausgedrückt heisst das, dass Neuseeland durch Zeitverschiebung und Sommerzeit immer zwölf Stunden früher als Mitteleuropa das neue Jahr begrüssen kann.

​Aus mir unerklärlichen Gründen packte mich nach Abschluss der Weihnachtszeit plötzlich das Backfieber. So gab es mehrmals Lebkuchen und diverse Wähen, was meine Gastfamilie sehr freute. Durch die ständige Hitze wurde regelmässiges Schwimmen im kühlen Meer Pflicht. Dazu gehörten auch unzählige Barbecues am Strand. Ob Würste, Steaks, Muscheln oder Fisch – hungern musste man nie! Wenn es um Bekleidung geht, sind Kiwis im Sommer relativ bescheiden: Badehose, Sonnenbrille, ein Sonnenhut und ein ärmelloses T-Shirt. Schuhmässig läuft man entweder den ganzen Tag in Flip-Flops, welche man hier «Jandals» nennt, herum oder lässt die Schuhe einfach ganz zu Hause. So ist es komplett normal, dass rund ein Drittel aller Leute zurzeit barfuss durch den Supermarkt marschiert.

​Trotz der Hitze und der Zeitverschiebung konnte ich mir die Weltcupklassiker in der Schweiz natürlich nicht entgehen lassen. Dies hatte zur Folge, dass ich mitten in der Nacht in Badehosen die Lauberhorn-Abfahrt mitverfolgte.

​Mittlerweile bin ich seit rund sechs Monaten hier und die Hälfte meiner Zeit in «Down Under» ist schon um. Ich durfte bisher viele Leute kennenlernen und so manche tolle Aktivität ausprobieren. Natürlich fehlen mir gewisse Dinge: das Essen, der Schweizer Winter, Freunde und Familie. Und auch wenn mich rund 18'000 Kilometer von meiner Heimat trennen, fühle ich mich auch hier in Neuseeland zu Hause. So blicke ich nach vorne auf fünf weitere Monate voller Erlebnisse, bei denen ich hoffentlich noch viele Kiwis und Leute aus aller Welt treffen werde.

​Veröffentlicht im Wohler Anzeiger / Bremgarten Bezirksanzeiger am 5. Februar 2019