Sonnenbrand an Weihnachten

Kolumne Dezember 2018

Auf der Nordhalbkugel schmücken viele in der Adventszeit ihre Häuser mit Weihnachtsbeleuchtung. In Neuseeland macht dies wenig Sinn, da es im Dezember spät eindunkelt. In allen Geschäften läuft andauernd Weihnachtsmusik. Dass es in diesen Liedern häufig um Schnee und Kälte geht, interessiert hier jedoch niemanden. Die Festtage markieren in Aotearoa den Start der langen Sommerferien und der Grillsaison.

​An Weihnachten verbringt man vor allem Zeit mit seiner Familie, also in diesem Jahr mit meiner Gastfamilie. Wir machten uns am 24. Dezember auf nach Christchurch, der grössten Stadt auf der Südinsel, denn meine Gastfamilie hatte lange dort gelebt. Dort trafen wir Morgan, den Sohn meines Gastvaters, welcher nach Abschluss seines Studiums wieder in seine Heimatstadt zurückgekehrt war.

​Das Weihnachtsfest findet in Neuseeland nicht an Heilig Abend statt, sondern am 25. Dezember. Mein Gastvater ist samoanischer Abstammung und wir feierten mit seiner Verwandtschaft eine samoanische Weihnacht. Samoa ist ein winziger Inselstaat im Pazifik östlich von Fidschi und gehört zum Kulturraum Polynesiens. Ein «Samoan Christmas» ist wie ein grosses Grillfest, das draussen im Garten abgehalten wird.

​Was wäre Weihnachten ohne Geschenke? Alle Jugendlichen und Erwachsenen nahmen an einem speziellen Bescherungsspiel teil: dem «Secret Santa». Jeder Mitspieler musste vorab ein Geschenk im Wert ca. 35 Dollar in die Mitte legen. Danach wurde durch das Ziehen von Jasskarten die Reihenfolge der Geschenkauswahl definiert. Sogar das Klauen von Geschenken war erlaubt. Durch diese Regeln besass ich temporär ein Waffeleisen, welches dann zu einem Kopfkissen wurde, das ich schliesslich in einen Korb mit Keksen und Schokolade umtauschen konnte. Leider habe ich mir beim Feiern im Garten einen gehörigen Sonnenbrand geholt! Das könnte einem in der Schweiz an Weihnachten nie passieren.

​Den Stephanstag gibt es in Neuseeland nicht. Der 26. Dezember ist hier kein Feiertag. Am «Boxing Day» werden die Kiwis zu Schnäppchenjägern und stürmen massenweise in die Geschäfte. Bei solchem Gedränge flüchtete ich lieber ins Stadtzentrum und betrieb ein bisschen Sightseeing. Christchurch wurde 2010 und 2011 von mehreren Erdbeben stark getroffen. Fast alle Häuser wurden dabei beschädigt. Dies war der Grund für den Wegzug meiner Gastfamilie aus Christchurch. Durch das Abreissen vieler alter Gebäude zieren heute unzählige moderne Bauten das Stadtbild. Gleichzeitig ist das Herzstück der Stadt, die ChristChurch-Kathedrale, nach wie vor eine Ruine und nicht betretbar. Diese Kontraste machen Christchurch zu einer ziemlich speziellen Stadt.

​Für den Jahreswechsel sind wir wieder zurück nach Nelson gereist und ich freue mich, Ihnen auch in 2019 von meinen Erlebnissen in Neuseeland zu berichten. In diesem Sinne: «Kia Ora!»

Veröffentlicht im Wohler Anzeiger / Bremgarten Bezirksanzeiger am 8. Januar 2019